Das Bundesinnenministerium rechnet bis Jahresende mit rund 800.000 Asylbewerbern in Deutschland, Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) erwartet nun sogar bis zu einer Million. Von Januar bis Ende August wurden offiziell 256.938 Asylanträge gestellt. Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die der Berliner Morgenpost exklusiv vorliegen, zeigen erstmals ein detailliertes Bild des Flüchtlingsstroms nach Deutschland.
Flüchtlinge werden nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, der sich aus Bevölkerungszahl und Steuereinnahmen der Bundesländer berechnet, innerhalb Deutschlands verteilt. Dementsprechend nahm Nordrhein-Westfalen (47.517 Asylanträge) die meisten Flüchtlinge auf, Bremen (3194) die wenigsten. Das Verhältnis dreht sich allerdings genau um, wenn man Asylanträge in Beziehung zum Bevölkerungsanteil der Bundesländer betrachtet: Bremen nimmt mit 4,6 Flüchtlingen pro 1000 Einwohnern in Relation am meisten, Nordrhein-Westfalen (2,3 pro 1000) am wenigsten auf.
Asylverfahren dauern in Deutschland im Schnitt knapp ein halbes Jahr. 2015 wurden etwas mehr als einem Drittel (38,7 Prozent, 59.195 positive Entscheidungen von insgesamt 152.777 Anträgen) aller Asylsuchenden in Deutschland Schutz gewährt. Die höchste sogenannte Gesamtschutzquote hatten Asylbewerber aus Irak (89 Prozent) und Syrien (88,5 Prozent). Auch ohne dass die Staaten des Westbalkans zu sicheren Herkunftsländern erklärt wurden, sah das Bundesamt keine Asylgründe bei Menschen aus Bosnien und Herzegowina (0,2 Prozent). Asylanträge aus Serbien (0,1 Prozent) wurden ebenfalls weitestgehend abgelehnt – nur 17 von 20.864 waren erfolgreich.
Die interaktive Grafik zeigt die kumulierten Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) in den Bundesländern vom 01.01. bis 31.08.2015. Es handelt sich dabei um die aktuellsten verfügbaren Daten. Die Zahl der neu nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge lag im August noch wesentlich höher als die Zahl der neuen Asylanträge. Das liegt laut Ministerium daran, dass sich die Antragstellung beim Bundesamt durch den zuletzt sehr großen Andrang teilweise zeitlich verzögert hat.
Unter der Gesamtschutzquote werden alle positiven Entscheidungen (Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. Art. 16a GG und §3 Abs. 1 AsylVfG, Gewährung von subsidiärem Schutz gem. §4 Abs. 1 AsylVfG und Feststellung eines Abschiebungsverbot gem. §60 Abs. 5 o. 7 AufenthG) des Bundesamts summiert. Alle Fälle, in denen Schutz gewährt wurde, werden in Relation zu der Anzahl der getroffenen Entscheidungen gesetzt.
Bei den Einwohnerzahlen der Bundesländer wurde die aktuellste Fortschreibung des Zensus zum Stichtag 31.11.2014 herangezogen.
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