Deutschland braucht längst kein russisches Gas mehr, um Haushalte und Betriebe mit Energie zu versorgen. Gut gefüllte Gasspeicher, höhere Importe aus anderen Ländern und weniger Verbrauch konnten einen Gasmangel vermeiden.
Die Grafik zeigt die Tagesfüllstände der vergangenen 365 Tage (gefettete Linie) im Vergleich zum jeweiligen Tag Vorjahr (dünne Linie). Deutschland kann insgesamt rund 230 Terawattstunden Gas speichern - die größte Kapazität in Europa. Das Gasspeichergesetz definiert verbindliche Mindesfüllstände, damit es im Winter drinnen nicht kalt bleibt. Denn in der Heizperiode von Oktober bis April steigt der Gas-Bedarf der privaten Haushalte sprunghaft.
Das Gesetz schreibt zum 1. September einen Speicherstand von 75 Prozent vor. Am 1. Oktober müssen dann 85 Prozent erreicht sein, am 1. November sollte der Füllstand mindestens 95 Prozent betragen. Und nach der Heizsaison ist vor der Heizsaison. Am 1. Februar sollen demnach die Reserven immer noch bei 40 Prozent liegen. Bislang wurden die Werte deutlich übertroffen.
Deutschland ist auf Erdgas aus dem Ausland angewiesen. Innerhalb des Landes werden kaum nennenswerte Mengen produziert. Über ein weit verzweigtes europäisches Netz aus Röhren importiert Deutschland die Energie. Lange Zeit lieferte Russland über Nord Stream die größte Menge nach Deutschland.
Seitdem kein russisches Gas mehr ankommt, importiert Deutschland mehr Gas aus Nachbarländern. Wichtige Lieferanten sind vor allem Norwegen und die Niederlande. Nicht alle Importe bleiben in Deutschland. Ein Teil der Gaslieferung durchquert die deutschen Röhren, um an Nachbarländer weitergeleitet zu werden.
Deutschland setzt nun auch auf Flüssiggas. Das sogenannte LNG (Liquefied Natural Gas) wird über Schiffe an Terminals liefert. Das verflüssigte Gas wird dort umgewandelt und in das Röhrensystem gepumpt. Zusätzlich zu den Terminals westlicher Nachbarländer, hat Deutschland in Rekordgeschwindigkeit eigene Anlandestationen errichtet.
Das erste deutsche LNG-Terminal hat bereits Mitte Dezember 2022 in Wilhelmshaven (Niedersachen) seinen Betrieb gestartet, 2023 gingen Terminals in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) sowie übergangsweise das in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern, bis Aril 2024) in den Betrieb - und das in Stade (Niedersachsen) zunächst als schwimmendes Terminal, als festes ist es für 2027 geplant. Besonders umstritten ist das Projekt in Mukran auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), seit Februar 2024 läuft dort der Probebetrieb. Die Grafik weist LNG gesondert aus, das über die deutschen Terminals geliefert wird.
Die Haushaltspreise für Erdgas haben seit dem russischen Überfall gut ein Jahr lang stark geschwankt. Im September 2022 erreichten sie mit 40 Cent je Kilowattstunden einen Höchstwert. Die Grafik verdeutlicht diese Entwicklung anhand der täglichen Gaspreise für Neukunden. Die Kosten für eine Kilowattstunde setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen: Die Versorger kaufen zu Großhandelspreisen, die bei knappem Angebot steigen. Hinzu kommen Steuern und Abgaben.
Seitdem Russland im Sommer 2022 den Gashahn zugedreht, spart Deutschland Gas. Der Gasverbrauch hängt aber auch stark mit den Temperaturen zusammen. Im Durchschnitt war es in der ersten Heizperiode nach Russlands Gassperre (2022/2023 wärmer als in den Vorjahren. Dadurch sank der Bedarf in privaten Haushalten. Die Industrie spart, indem sie nun effizienter produziert oder teilweise Gas in ihren Herstellungsprozessen ersetzt hat. Doch angesichts gesunkener Gaspreise wird mittlerweile wieder mehr verbraucht.