Mehr heiße Tage, mehr tropische Nächte, aber auch deutlich mehr Starkregen: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird der Klimawandel überall in Deutschland deutlich spürbar sein. Die 401 Kreise und kreisfreien Städte wird es aber unterschiedlich treffen. Forschende des Climate Service Center Germany (GERICS) haben nun erstmals Ausblicke über mögliche Klimaveränderungen in dieser regionalen Größenordnung erstellt.
So zeigt die Projektion für den Landkreis Nordfriesland, dass bei einem weiterhin hohen Ausstoß von Emissionen bis zum Ende des Jahrhunderts schwüle Temperaturen, tropische Nächte, anhaltende Hitzeperioden und auch Starkregen zunehmen werden. In den Gebirgsregionen der Alpen oder des Schwarzwalds sei unter solchen Bedingungen eine besonders starke Erwärmung zu erwarten.
„Es gibt nach unseren Untersuchungen nicht einen einzigen Landkreis, bei dem alles beim Alten bliebe, falls sich die Emissionen weiterhin auf gleichem Level bewegen oder sogar noch steigen würden“, sagt Dr. Diana Rechid, eine der drei Autoren der Klimaausblicke.
Ihr Team hat für jedes der 401 Gebiete die möglichen Veränderungen von 17 Klima-Kennwerten berechnet, sechs davon sind hier auf der interaktiven Karte visualisiert. An den regionalen Klimaausblicken wurde ein Jahr gearbeitet. Die Ergebnisse sollen Bürger*innen und Entscheidungsträger*innen in Wirtschaft und Politik eine Faktenbasis für langfristige Entscheidungen bieten.
Denn die Frage sei: „Was können wir durch wirksamen Klimaschutz vermeiden, und auf welche Veränderungen müssen wir uns auf alle Fälle vorbereiten?“, sagt die Klimaforscherin. Für die Berechnungen wurden drei Szenarien angenommen, die auch in der interaktiven Karte ausgewählt werden können: ohne, mäßiger und wirksamer Klimaschutz. Bei dem bestmöglichen Szenario ließe sich die globale Erwärmung noch um zwei Grad begrenzen.
„Ich schließe nicht komplett aus, dass wir das schaffen, weil es dringend notwendig ist, um schwerwiegende Veränderungen zu verhindern. Aber im Moment sehe ich dafür nicht die nötigen politischen Maßnahmen“, sagt Rechid. Doch selbst beim optimistischen Szenario kann das ambitionierte Ziel des Pariser Klimaabkommens von nur 1,5 Grad Erderwärmung nicht mehr erreicht werden.
Die Folgen der Klimaveränderungen sind in ihrer Breite noch nicht absehbar. Städte müssen auf jeden Fall künftig anders planen. Spielplätze und freie Plätze sollten Schatten bieten, Städte brauchen mehr Grün- und Wasserflächen, um Trockenheit und Hitze besser zu kompensieren. Städte wie Karlsruhe oder Freiburg im Südwesten sind besonders vom Temperaturanstieg betroffen.
Die steigenden Temperaturen haben direkte Auswirkungen auf die Gesundheit, befördern im Sommer Kreislaufstörungen, Herzinfarkte und andere Krankheiten. Auch die Wassertemperaturen in Flüssen und Seen steigen, das wiederum verschlechtert die Lebensbedingungen vieler Arten. „Und das hieße zum Beispiel auch, dass Kraftwerke phasenweise nicht mehr durch Flusswasser gekühlt werden könnten“, erklärt Rechid.
Nach den vergangenen Hitzesommern ist offensichtlich geworden, dass auch der Wald bedroht ist. Ende des 21. Jahrhunderts, so die Forscher, würde es die Wälder in Deutschland in der Zusammensetzung wie heute nicht mehr geben. Bestimmte Arten wie Fichte und Buche bekommen in vielen Orten wegen ihrer flachen Wurzeln nicht genug Wasser.