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M29 - Berlins Buslinie der großen Unterschiede

M29 - Berlins Buslinie der großen Unterschiede

Von den Villen in Grunewald über den Kudamm vorbei am KaDeWe, dann Checkpoint Charlie und Görli bis nach Neukölln: Eine Tour mit der Buslinie M29 führt durch das soziale Universum der Stadt. Statistiken zeigen die Gegensätze – Haltestelle für Haltestelle.

M29
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CDU- und Linke-Wähler

Stimmen der Anwohner entlang der Buslinie M29, in Prozent

Alle Haltestellen: Tippen Sie auf die Grafik für alle Werte und StationsnamenFahren Sie mit dem Mauszeiger über die Grafik für alle Werte und Stationsnamen
Prozentualer Anteil aller bei der Bundestagswahl 2013 in den 1709 Berliner Wahllokalen (keine Briefwahl) abgegebenen, gültigen Zweitstimmen für die Parteien CDU und Linke. Stand 20.09.2013. Quelle: Landeswahlleiterin Berlin
  • CDU mit absoluter Mehrheit am Roseneck
  • Linke stärkste Kraft im Herzen von Kreuzberg 36

Dass die M29-Route eine Linie der Gegensätze ist, zeigt sich deutlich am Wahlverhalten der Anwohner: Die rund 16 Kilometer lange Tour beginnt am westlichen Ende in der Villengegend im Berliner Ortsteil Grunewald an der Bushaltestelle Roseneck. Im dortigen Wahlbezirk hat die CDU bei der vergangenen Bundestagswahl die absolute Mehrheit geholt – mit 50,5 Prozent sogar mehr als die CSU in Bayern (49,3 Prozent).

Im letzten Drittel der Strecke, am Heinrichplatz im Herzen von Kreuzberg 36, hätte der Wahlausgang im September 2013 unterschiedlicher kaum sein können: Die Union wäre dort an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, nur 4,1 Prozent wählten CDU. Dafür kam die Linke mit 28,8 Prozent auf den höchsten Stimmenanteil auf der gesamten M29-Linie – und schlägt auch die in Kreuzberg traditionell starken Grünen (27,4 Prozent).

Migrationshintergrund

in Prozent

Prozentualer Anteil aller gemeldeten Berliner mit Migrationshintergund auf Ebene der 447 LOR-Planungsräume. Stand: 30.06.2014. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
  • Roseneck unter Berliner Durchschnitt
  • Höchster Wert rund um Anhalter Bahnhof

Auch beim Migrationshintergrund der Anwohner entlang der Strecke ist die M29 eine Linie der Gegensätze. An der westlichen Endhaltestelle Roseneck hat nur gut jeder Vierte (rund 22 Prozent) seine Wurzeln im Ausland. Der Anteil liegt unter dem Durchschnitt der ganzen Stadt (28 Prozent), der teilungsbedingt durch den Ostteil Berlins (rund 16 Prozent) im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten eher gering ist. Im Westteil, durch den die Buslinie M29 ausschließlich führt, liegt die Quote bei rund 36 Prozent.

Das Berliner Mittel wird aber bereits ab der zweiten Station getoppt und steigt bis zur zweiten Hälfte der Strecke in Richtung Osten rasant an: Rund um den Anhalter Bahnhof haben mehr als zwei Drittel der Anwohner (rund 69 Prozent) einen Migrationshintergrund. Fährt man weiter in Richtung Hermannplatz, fällt der Anteil an der Neuköllner Endhaltestelle wieder unter die Hälfte (43,4 Prozent).

Alt und jung

Anteil der über 65- und unter 18-Jährigen in Prozent

Prozentualer Anteil aller gemeldeten Berliner in den Altersgruppen "unter 18" sowie "65 und älter" auf Ebene der 447 LOR-Planungsräume. Stand 30.06.2014. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
  • Jeder Dritte in Grunewald im Rentenalter
  • Wendepunkt am Hiroshimasteg

In Grunewald lässt es sich alt werden: Jeder dritte Anwohner zwischen den Haltestellen Roseneck und Bismarckplatz ist im Rentenalter. Auf der Fahrt durch die City West sinkt der Anteil dann deutlich bis auf ein gutes Fünftel. Die unter 18-jährigen Anwohner bleiben in der ersten Hälfte der Linie eine Minderheit.

M29-Haltestelle Herthastraße
Line Dance im Seniorenclub
"Wer zu Hause sitzt ist einsam": Seniorinnen treffen sich an der Herthastraße zum Tanzen.

Der Wendepunkt der Linie – zumindest beim Alter der Anwohner - ist die Haltestelle Hiroshimasteg in Tiergarten. Hier übersteigt der Anteil der Kinder und Jugendlichen erstmals den der älter als 65-Jährigen. Zwischen Checkpoint Charlie und Moritzplatz sind die Anwohner besonders jung: Jeder Fünfte ist unter 18 Jahren alt. Am östlichen Ende der Linie sind die Rentner in der Minderheit: Nur noch jeder Zehnte ist älter als 65.

Arbeitslose

in Prozent

Prozentualer Anteil derer, die vorübergehend nicht oder weniger als 15 Stunden wöchentlich in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und dies gemeldet haben - auf Ebene der 447 LOR-Planungsräume. Stand: 30.06.2014. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg / Bundesagentur für Arbeit
  • Vollbeschäftigung im Westen der Linie M29
  • Hohe Arbeitslosigkeit am Moritzplatz

Arbeitslosigkeit ist in Grunewald so gut wie kein Thema. Rund um die Haltestelle Roseneck – dem westlichen Ende der Linie – sind nur 2,8 Prozent der Anwohner arbeitslos gemeldet, was für viele Ökonomen Vollbeschäftigung bedeutet. Auf der M29-Linie wird dieser Wert nur von der Gegend um die Haltestellen Hiroshimasteg, Gedenkstätte Dt. Widerstand und Mendelssohn-Bartholdy-Park mit 2,6 Prozent Arbeitslosigkeit noch unterschritten. In dem Viertel befindet sich der Potsdamer Platz und das Botschafterviertel. Dort leben eher wenig Menschen, diese haben aber einen vergleichsweise hohen Lebensstandard.

Auf der Fahrt von Roseneck in Richtung Kreuzberg steigen die Arbeitslosenzahlen dann fast kontinuierlich an. Am Moritzplatz erreichen sie ihren Höhepunkt: 17,5 Prozent der Menschen sind hier arbeitslos. Zum Vergleich: In ganz Berlin liegt die Arbeitslosenquote bei etwa elf Prozent. Auf der Fahrt durch Kreuzberg bis zur Endhaltestelle Hermannplatz/Urbanstraße halbiert sich der Anteil dann fast auf 9,3 Prozent – und unterschreitet damit sogar wieder den Berliner Durchschnitt.

Soziale Lage

nach Sozialindex: 1,9 (Berlin-Bestwert) bis -2,4 (schlechtester Wert)

"Sozialräumliche Verteilung sozialer und gesundheitlicher Belastungen" nach dem sogenannten Sozialindex I auf Ebene der 447 LOR-Planungsräume. Stand: 2013. Quelle: Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin
  • Moritzplatz ist sozialer Brennpunkt
  • Heile Welt am Roseneck

Die Linie M29 führt durch die sozialen Brennpunkte Berlins. Vor allem den Menschen am Moritzplatz geht es sozial und gesundheitlich verhältnismäßig schlecht – hier gibt es die ungünstigste Sozialstruktur in ganz Berlin. Für den sogenannten Sozialindex wird die soziale und gesundheitliche Lage der Berliner im Sozialstrukturatlas anhand von 66 Indikatoren ausgewertet. Dazu gehören Daten zur Beschäftigung, Einkommen, Bildungsstand, Gesundheit und Lebenserwartung.

Am anderen Ende der M29-Strecke sieht Berlin ganz anders aus: Am Roseneck prägen Vollbeschäftigung, hohe Einkommen und eine hohe Lebenserwartung die Sozialstruktur. In ganz Berlin hat das Gebiet um die Haltestelle den zweitbesten Sozialindex - nur geschlagen von der Thielallee in Dahlem.

Mietsteigerung

in Prozent

Prozentuale Abweichung der durchschnittlichen Angebotsmieten im Jahr 2008 und 2013 auf Postleitzahl-Ebene. Stand: 3. Quartal 2013. Quelle: GSW Wohnmarkt-Report 2014
  • Mieten an Nord-Neukölln-Haltestellen fast verdoppelt
  • Stabile Preise in Grunewald

Nord-Neukölln ist längst kein Geheimtipp mehr. Neue Clubs, Bars und Hostels ziehen seit Jahren junge Berliner und Touristen an. Auch Investoren kommen. Und das Leben wird immer teurer. So haben sich am Hermannplatz die Preise bei Neuvermietungen in den vergangenen fünf Jahren auf durchschnittlich zehn Euro pro Quadratmeter kalt fast verdoppelt – stärker sind die Mieten entlang der Linie M29 nirgends gestiegen.

Ein Busfahrer der Linie M29 und ein Kioskverkäufer erzählen über das Leben am Roseneck.

Ein komplett anderes Bild am anderen Ende der Linie: Während fast ganz Berlin von steigenden Mieten spricht, bleiben sie in Grunewald seit Jahren gleich. Allerdings waren sie in der Villengegend bereits auf vergleichsweise hohem Niveau. Wer zwischen Teplitzer Straße und Bismarckplatz ein neues Zuhause beziehen will, sollte immer noch im Durchschnitt 10,48 Euro pro Quadratmeter einplanen. Gleichzeitig hinterlassen die Mieten hier kein allzu großes Loch in der Haushaltskasse, da die Nettohaushaltseinkommen deutlich höher sind als am anderen Ende der M29-Linie.

Einkommen

in Euro (netto) je Haushalt

Verfügbare Kaufkraft (Einkommen ohne Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, inklusive empfangener Transferleistungen) je Haushalt pro Monat in Euro auf Postleitzahl-Ebene. Stand: 3. Quartal 2013. Quelle: GSW Wohnmarkt-Report 2014
  • Kaufkraft sinkt auf der Strecke um ein gutes Drittel
  • Wohlstand noch nicht in Szene-Kiezen angekommen

Die Strecke der Linie M29 führt entlang des Berliner Einkommensgefälles – und das verhält sich fast spiegelbildlich zur Mietentwicklung: In Gegenden mit den höchsten Mietsteigerungen haben die Menschen das wenigste Geld, am westlichen Startpunkt der Route können sich die Haushalte deutlich mehr leisten. Im Ortsteil Grunewald liegt das durchschnittliche Nettoeinkommen der Haushalte bei 4124 Euro.

Neuköllner erzählen, wie sich das Leben in ihrem Kiez verändert hat.

So beliebt die Kieze am östlichen Ende der Buslinie M29 mittlerweile sind, der Wohlstand ist hier noch nicht angekommen. Auf dem Weg zum Hermannplatz nimmt das Einkommen der Haushalte um mehr als ein Drittel ab: Nur noch 2660 Euro stehen rund um die Haltestelle Pflügerstraße in Neukölln monatlich zur Verfügung.

Einbrüche

je 1000 Einwohner

Alle im Jahr 2013 in Berlin angezeigten Straftaten je 1.000 Einwohner auf Ebene der 138 LOR-Bezirksregionen. Stand: 31.12.2013. Quelle: Kriminalitätsatlas 2013
  • Einbrecher bevorzugen Häuser in Grunewald
  • Geringere Einbruchsquote in Neukölln

Wer rund um die Haltestelle Joseph-Joachim-Platz in Grunewald wohnt, sollte über erhöhten Einbruchsschutz nachdenken. Die Polizei nahm 2013 hier neun Einbrüche pro 1000 Einwohner auf. Das ist nicht nur entlang der Linie M29 ein auffällig hoher Wert, sondern die höchste Einbruchsrate in ganz Berlin. Vor allem die Villen und Einfamilienhäuser in der wohlhabenden Gegend locken die Diebe an.

Dagegen ist der dicht besiedelte Norden Neuköllns offensichtlich kein lukratives Einbruchsziel: Rund um die belebte Haltestelle Sonnenallee/Pannierstraße wurde im gleichen Zeitraum 3,8 mal pro 1000 Einwohner zugeschlagen. Damit liegt die Gegend bei den Einbrüchen im Berliner Mittelfeld und verzeichnet die niedrigste Einbruchsquote entlang der Route.

Gebürtige Berliner

in Prozent

Prozentualer Anteil aller gemeldeten Berliner, die in Berlin geboren sind - auf Ebene der 447 LOR-Planungsräume. Stand: 31.12.2013. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
  • M29 ist die Buslinie der Zugezogenen
  • Bus durchfährt Gegend mit wenigsten Berlinern

Die Wahrscheinlichkeit, entlang der M29-Linie echte Berliner anzutreffen, ist geringer als anderswo in der Stadt. Rund um alle 45 Stationen der Buslinie wohnen deutlich mehr Zugezogene. Nach der Hälfte ihrer Strecke durchfährt der Bus dann sogar die Gegend, in dem die wenigsten gebürtigen Berliner in der ganzen Stadt wohnen: Rund um die Haltestellen Hiroshimasteg, Gedenkstätte Dt. Widerstand und Potsdamer Brücke (Nördlicher Landwehrkanal in Mitte) sind nur 19 Prozent der Anwohner auch in Berlin geboren – also nur jeder Fünfte.

Am ehesten findet man echte Berliner noch in den Kiezen um die Haltestellen Alexandrinenstraße und Moritzplatz. Hier ist immerhin fast jeder Zweite (45,5 Prozent) auch in Berlin zur Welt gekommen.

Airbnb-Ferienwohnungen

je 1000 Einwohner

Angebote (Ganze Unterkünfte, Privat- und Gemeinschaftszimmer) bei der Wohnungsvermittlung Airbnb auf Postleitzahl-Ebene. Im Postleitzahl-Gebiet 10999 werden mehr als 1000 Wohnungen angegeben. Stand: 27. November 2014. Quelle: Airbnb
  • Airbnb boomt in Kreuzkölln
  • Kaum Angebote am Roseneck

In den Szenekiezen von Kreuzberg und Nord-Neukölln boomt die Internet-Schlafplatzbörse Airbnb: Rund 40 Übernachtungsmöglichkeiten je 1000 Einwohner bietet die Website um die Haltestellen Heinrichplatz, Görlitzer Bahnhof, Spreewaldplatz, Ohlauer Straße und Glogauer Straße.

Doch das Phänomen Airbnb bleibt auf die letzten zehn östlichen Stationen der Linie M29 begrenzt. Danach bricht die Quote der Angebote auf unter ein Viertel ein. Am westlichen Ende werden es Touristen besonders schwer haben, ein Zimmer oder eine Wohnung über Airbnb zu finden: Am Roseneck in Grunewald gibt es gerade einmal 1,3 Einträge je 1000 Einwohner auf der Internet-Plattform.

Hier können Sie die Rohdaten einsehen und herunterladen, die der Anwendung zugrunde liegen. Dort finden Sie auch alle absoluten Werte für jede Haltestelle. Haben Sie Anmerkungen oder einen Fehler entdeckt? Wir freuen uns über Ihre Mail.
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Zur M29-Fahrt

Was die Anwendung zeigt

Man sagt ihr ständige Verspätungen und überfüllte Busse nach. Die Berliner Buslinie M29 ist daher vielen auch als "Bus der Hölle" bekannt. Sie hat sogar eine eigene Facebook-Fanseite. Täglich transportieren Busse der Linie M29 rund 55.000 Passagiere durch Berlin.

Die Berliner Morgenpost zeigt anhand mehrerer Datensätze, wie unterschiedlich Berlin entlang dieser Buslinie sein kann. Um zu untersuchen, welche Daten an welcher Haltestelle zutreffen, haben wir geschaut, in welchen Erhebungsbereichen sie sich befinden. Denn: Um mehrere Aspekte zu veranschaulichen, beziehen wir uns auf verschiedene Datensätze, die wiederum auf unterschiedlicher geografischer Basis berechnet wurden.

So gibt beispielsweise der GSW Wohnmarkt-Report die Mietpreise in Berlin auf der sehr großen Postleitzahl-Ebene an, während die Landeswahlleiterin die Wahlstrukturdaten auf der sehr kleinen Wahlbezirksebene veröffentlicht. So kann es passieren, dass Datensätze auf Postleitzahlebene relativ viele gleiche Werte beinhalten, da mehrere Haltestellen in einer Postleitzahl liegen. Bei den sehr kleinteiligen Wahlbezirksebenen hingegen wird das eher selten der Fall sein. Die meisten Daten liegen auf relativ detaillierter Ebene der Berliner LOR-Gebiete, die auch als Kieze bezeichnet werden können, vor.

Bei den Mietpreisen weist die Haltestelle Kochstr./ Checkpoint Charlie beispielsweise dieselbe Kaltmiete auf, wie die Haltestelle Moritzplatz. In den Arbeitslosenzahlen unterscheiden sie sich wiederum deutlich. Es ist demnach wichtig, zu bedenken, dass es sich bei den Daten um Durchschnittswerte der jeweiligen Erhebungsbereiche handelt.

Außerdem gibt es die Besonderheit, dass der Sozialstrukturatlas keine Angaben zum Kiez an den Haltestellen Hiroshimasteg, Gedenkstätte Dt. Widerstand, und Mendelssohn-Bartholdy-Park macht, weil der entsprechende LOR zu klein (1081 Einwohner, Berlin-Schnitt: 7500) für die entsprechende Erhebung ist.

Beachten Sie auch, dass die verschiedenen Grafiken nicht direkt miteinander vergleichbar sind, da unterschiedliche Kategorien auf den Y-Achsen angezeigt werden. Diese werden normalisiert, also an die minimalen beziehungsweise maximalen Werte angepasst.

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