Zwei Jahre und achteinhalb Monate nach der letzten Bundestagswahl ist die Abstimmung in einem Fünftel der Wahlgebiete Berlins wiederholt worden. Dabei hat der Bundestrend durchgeschlagen – mit Zugewinnen für CDU und AfD, Verluste für die Ampel-Parteien SPD und FDP. Die Grünen konnten im Wiederholungswahl-Gebiet prozentual zulegen, waren aber aufgrund der geringen Wahlbeteiligung berlinweit dennoch leicht im Minus.
Ein Wechsel bei den zwölf Direktmandaten blieb aus. Doch der Bundestag wird auf Kosten der FDP um einen Sitz auf 735 verkleinert – und Berlin verliert drei weitere Mandate an andere Bundesländer. Damit sitzen dort nur noch 25 statt bislang 29 Berliner Abgeordnete.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 19. Dezember entschieden, dass die Wahl von 2021 wegen zahlreicher Pannen in 455 Wahllokalen und den dazugehörigen 294 Briefwahlbezirken ungültig war. Die Karte zeigt, wie im Wahlwiederholungswahlgebiet gestimmt wurde: in jedem Stimmbezirk mit sämtlichen ausgezählten Stimmen (Brief- und Urnenwahl) – und zusätzlich auch nur die Ergebnisse der betroffenen Wahllokale über den Umschalter „nur Wahllokale“ unten rechts auf der Karte.
Ein Fünftel aller Wahlbezirke war von der Wahlwiederholung betroffen, die anderen Stimmen von 2021 behielten ihre Gültigkeit. So startete die Wahl diesmal mit einem Stand von berlinweit 80,1 Prozent bereits fertig ausgezählter Wahlbezirke. Auch die Ergebnisse dieser 2021 gültigen Berliner Stimmbezirke lassen sich zuschalten. Je nach Auswahl - „Wiederholungsgebiet“ oder „ganz Berlin“ (oben über der Karte) - wird zusätzlich das Gesamtergebnis für das auf er Karte hervorgehobene Gebiet gezeigt.
Eine Verschiebung der Machtverhältnisse auf Bundesebene war nicht zu erwarten. Zahlenmäßig konnten gerade einmal 0,9 Prozent der 2021 in ganz Deutschland Wahlberichtigten (61.181.072) noch einmal wählen: 549.549 Berliner:innen waren aufgefordert bei der Wahlwiederholung ihre Stimme abzugeben.
Für die Wahlwiederholungswahl ließen sich deutlich weniger Wahlberechtigte mobilisieren als beim letzen Mal, die Wahlbeteiligung fiel im Wiederholungsgebiet mit 51 Prozent sehr gering aus. Sie ist damit erheblich unter dem Wert von etwa 60 Prozent geblieben, den sich Landeswahlleiter Stephan Bröchler erhofft hatte. Es sei für die Wahlberechtigten weniger attraktiv gewesen, an einer Teilwiederholungswahl teilzunehmen, die an den politischen Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag nichts ändere, als an einer Wahl wie 2021, sagte Bröchler.
Die geringe Wahlbeteiligung hat Auswirkungen für die Zusammensetzung des Bundestags: Berlin verliert dadurch vier Sitze. Rausgewählt wurden für die Berliner Grünen-Landesvorsitzende Nina Stahr, die SPD-Abgeordnete Ana-Maria Trasnea, Pascal Meiser (Linke) und Berlins FDP-Generalsekretär Lars Lindemann, auf dessen Sitz niemand nachrückt. Alle vier hatten 2021 über die Landeslisten ihrer Parteien ihr Mandat errungen. Drei Sitze gehen nun an andere Bundesländer: Neu in den Bundestag zogen die SPD-Politikerin Angela Hohmann au Niedersachsen, Franziska Krumwiede-Steiner von den Grünen aus Nordrhein-Westfalen und Christine Buchholz von den Linken in Hessen.
Rein rechnerisch war auch ein Wechsel der Direktmandate in drei der zwölf Wahlkreise möglich gewesen, doch alle Betroffenen konnten ihre verteidigen. Für Berlins früheren Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) wurde es in Charlottenburg-Wilmersdorf mit 25,6 Prozent der Erstimmen Stimmen aber äußerst knapp. Auf den Plätzen direkt dahinter liegen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) mit 25,1 und der CDU-Kandidat Klaus-Dieter Gröhler mit ebenfalls 25,1 Prozent.
Klarer war die Verteidigung des Direktmandats für Monika Grütters (CDU) in Reinickendorf: Sie kam auf 29,5 Prozent der Erststimmen vor dem Sozialdemokraten Torsten Einstmann (24,1 Prozent), der sich im Wahlkampf noch hoffnungsvoll gezeigt hatte. Und obwohl in Pankow fast im ganzen Wahlkreis neu gewählt wurde (85,1 Prozent der Wahlbezirke), hieß der eindeutige Gewinner des Direktmandats wieder Stefan Gelbhaar von den Grünen (26,8 der Erstimmen), mit deutlichem Vorsprung vor Manuela Anders-Granitzki von der CDU (17,5 Prozent).
Die Wahlwiederholung war vor allem ein realer Stimmungstest. Und die politische Stimmung in ganz Deutschland hat sich seit der Bundestagswahl im September 2021 gewaltig verändert. Schließlich ist die letzte Bundestagswahl an diesem 11. Februar mit 868 Tagen deutlich länger her als die nächste reguläre Bundestagswahl stattfinden dürfte. Der theoretisch späteste Termin wäre der 26. Oktober 2025, 623 Tage nach der Wahlwiederholung in Berlin. Aber wahrscheinlicher als Wahltermin ist einer beiden letzten Sonntage im September – wenn es nicht noch früher zu Neuwahlen kommt.