Deutschland hat vorzeitig einen neuen Bundestag gewählt. Und die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz hat diese Bundestagswahl gewonnen - mit großem Abstand vor der zweitplatzierten AfD und der SPD, die auf ein historisches Tief abstürzt. An vierter Stelle folgen die Grünen mit 11,6 Prozent, und auch die Linke ist mit 8,8 Prozent mehr als sicher im Bundestag vertreten. Die FDP scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde. Auch das BSW verpasst den Einzug ins Parlament mit hauchdünnen 4,972 Prozent.
Merz hat beste Chancen Kanzler zu werden, braucht für eine Regierungsbildung aber Partner. Ein Zusammengehen mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD hat der CDU-Chef ausgeschlossen. Denkbar wäre ein Bündnis der Union mit SPD und Grünen – allerdings hatte die CSU eine Koalition mit den Grünen vor der Wahl vehement abgelehnt.
Der neue Bundestag wird deutlich kleiner. Nach der nun greifenden Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition werden dort exakt 630 Abgeordnete sitzen. Der Bundestag war bei den zurückliegenden Wahlen immer weiter angewachsen – beim letzten Mal bis auf die Rekordzahl von 736 Sitzen, obwohl die Standardgröße des Parlaments eigentlich bei 598 lag. Grund für diesen XXL-Bundestag waren sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate. Diese entfallen nun vollständig, im Vergleich zu 2021 sind dies 106 Sitze weniger.
Für die Wählenden hatte sich nichts geändert: Sie konnten mit der Erststimme einen Direkt-Kandidierenden der bundesweit 299 Wahlkreise gewählt werden – und der Zweitstimme für die Parteien und ihre Landeslisten. Die Sitzverteilung richtet sich diesmal aber ausschließlich nach dem Anteil der Parteien an den Zweitstimmen.
Das neue Verfahren führt dazu, dass enige Direkt-Kandidierende diesmal leer ausgehen, obwohl sie in ihren Wahlkreis per Erststimme eigentlich gewonnen haben. Doch ihre Partei hat schlicht nicht genügend Sitze im Land errungen. Bundesweit hat es 23 Direkt-Kandidierende getroffen, sie sind die *Wahlrechtsverlierer.
Die Union dürfte nach Angaben des Instituts Infratest dimap vor allem von frustrierten Ampel-Wählern profitiert haben. Allein fast 1,8 Millionen Wählerinnen und Wähler wanderten von der SPD zur Union, ebenso 1,35 Millionen von der FDP und immerhin 460.000 von den Grünen.
Auch zur Linkspartei wanderten eine Menge früherer Ampel-Wähler, allein von Grünen und SPD zusammen genommen deutlich über eine Million Menschen. Die AfD konnte diesmal vor allem Nichtwähler überzeugen: Sie bilden laut Infratest mit über 1,8 Millionen die größte Gruppe der Wählerwanderung.
Das BSW ist zum ersten Mal angetreten und hat folglich lediglich anderen Parteien Stimmen abgenommen, vor allem SPD und Linkspartei. Sie brachte zudem laut Infratest rund 410.000 Nichtwähler an die Urnen. Die FDP hat Infratest zufolge an alle anderen Parteien Wählerinnen und Wähler abgetreten. Die größte Wanderschaft ging mit allein 1,35 Millionen Menschen zur Union, auch an die AfD verlor die FDP deutlich Wähler (890.000).
Und wie geht es nun weiter? Spätestens einen Monat nach dieser Wahl nimmt der neu zusammengesetzte Bundestag seine Arbeit auf - das wäre der 25. März. Die Frist wird normalerweise voll ausgeschöpft. Laut Grundgesetz endet die Amtszeit der alten Regierung mit dieser konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags.
Jedoch kann der Bundespräsident die Regierungsmitglieder bitten, ihr Amt bis zur Ernennung der Nachfolge geschäftsführend weiter auszuüben - so war es bisher auch immer. Der neue Bundeskanzler oder die neue Bundeskanzlerin werden vom Bundestag gewählt, und zwar auf Vorschlag des Bundespräsidenten. Eine Frist, wie schnell dies nach der Wahl zu passieren hat, gibt es nicht.
Für eine neue Regierung ist eine Koalition aus Union und SPD einer Blitzumfrage zufolge die beliebteste Option. 44 Prozent der Befragten antworteten in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov kurz nach der Wahl, dass sie sich dieses Regierungsbündnis am ehesten wünschen. 25 Prozent sähen am liebsten ein Dreierbündnis von Union, SPD und Grünen. 30 Prozent wünschen sich die von der Union ausgeschlossene Koalition mit der AfD. YouGov befragte am Wahlabend ab 21.15 Uhr 1.001 Wahlberechtigte. Welche Koalitionen rechnerisch möglich sind, war zum Zeitpunkt der Umfrage noch nicht final entschieden.