Klicken oder tippen Sie hier, um die interaktive Anwendung zu nutzen
Rechte Aufmärsche

Wo Deutschlands Rechte aufmarschieren

Die Ereignisse in Chemnitz und Köthen haben Deutschland aufgeschreckt. Doch wie sieht es im Rest der Republik aus? Unsere interaktive Karte zeigt, wo Rechtsextreme seit 2013 auf die Straße gehen.

Veranstaltungsorte rechtsextremer Demos Juli 2013 - Juni 2018
Anzahl der Teilnehmer (insgesamt)
Weiter zur Auswertung Zur Karte
Quelle: Bundesinnenministerium, Stand: 9. August 2018

Nicht nur Sachsen hat ein Problem mit offenem Rechtsextremismus. Die meisten rechten Aufmärsche hat es in den vergangenen fünf Jahren in Thüringen gegeben, mit 323 Demonstrationen und insgesamt 51.662 Teilnehmern. Das waren so viele Demonstranten wie bei ähnlichen Veranstaltungen im gleichen Zeitraum in allen alten Bundesländern zusammen. Danach folgt Sachsen, vor Nordrhein-Westfalen. Dagegen ist der Norden Deutschlands bisher weitgehend immun gegen solche Kundgebungen geblieben: In Bremen gab es gar keine und in Hamburg gerade einmal drei mit 90 rechten Demonstranten. Berlin landet als größte Stadt Deutschlands zwar im Vergleich aller Orte an der Spitze, im Bundesländervergleich aber im Mittelfeld.

Dies zeigt eine Auswertung aller rechten Aufmärsche in Deutschland von Juli 2013 bis Juni 2018: Je größer die Kreisflächen um die Orte, desto mehr Rechte sind dort in diesem Zeitraum aufmarschiert. Es werden alle Demonstrationen betrachtet, die vom Bundesinnenministerium und den Behörden der Länder als zweifelsfrei rechtsextrem eingestuft werden. Dazu zählen auch regionale Ableger von Pegida, jedoch nicht grundsätzlich alle Demonstrationen der islamfeindlichen Bewegung. So ist die bislang größte Pegida-Kundgebung vom Januar 2015 in der sächsischen Hauptstadt Dresden mit 25.000 Teilnehmern nicht berücksichtigt.

Die 20 Aufmarschorte mit den meisten Teilnehmern

Steiler Anstieg während der Flüchtlingskrise

Karte und Ranglisten zeigen, wie sich die Aufmärsche regional verteilen - aber nicht wie rechts die Bevölkerung an einem Ort ist. Schließlich lockt die Szene immer wieder Rechtsradikale aus dem ganzen Bundesgebiet zu ihren Veranstaltungen. So zählte die Polizei in der 300-Seelen-Gemeinde Kloster Veßra (Thüringen) seit 2013 fast fünfmal so viele rechte Demonstranten wie Einwohner. Ein rechter Aktivist hatte 2015 das dortige Dorfgasthaus “Goldener Löwe” übernommen und in einen Neonazi-Treff verwandelt.

Fast die Hälfte aller betrachteten Aufmärsche fällt in das Jahr der Flüchtlingskrise 2015. Damals erlangten kleine Orte wie Heidenau (Sachsen) durch fremdenfeindliche Ausschreitungen bundesweit traurige Berühmtheit. Gemessen an ihrer Einwohnerzahl stehen viele noch jetzt ganz oben in der Rangliste der rechten Aufmarschorte. Besonders steil stieg zu dieser Zeit die Zahl der Rechtsextremen bei Demonstrationszügen in ganz Thüringen an: Die 38.000-Einwohner-Stadt Suhl nimmt sogar im Vergleich der absoluten Teilnehmerzahlen eine Spitzenposition ein - nach Millionenstädten wie Berlin und München.

Rechter Aufmarsch in Chemnitz: Die Ereignisse sind in der Auswertung noch nicht enthalten. Video: Johanna Rüdiger

Nach 2015 hat die Zahl der Teilnehmer an den Aufmärschen bundesweit wieder abgenommen: Bereits 2017 wurden in ganz Deutschland mit 15.382 Demonstranten weniger gezählt als vor der Flüchtlingskrise (2014: 20.745). Die Auswertung spiegelt allerdings noch nicht die jüngsten Ereignisse in Köthen oder Chemnitz wider, bei denen allein Tausende Demonstranten aus dem rechten Lager auf der Straße waren. Nur die Bewertung der Behörden für das erste Halbjahr 2018 ist berücksichtigt.

In allen betrachteten Jahren blieb Ostdeutschland besonders anfällig. Dort gab es insgesamt mehr als dreimal so viele Teilnehmer bei rechten Kundgebungen wie in den alten Bundesländern. Doch offener Rechtsextremismus ist kein alleiniges Ost-Problem: Schließlich folgt Nordrhein-Westfalen bei der Teilnehmerzahl Thüringen und Sachsen. Dabei ist das Ruhrgebiet ein Hotspot: Jede dritte rechte Demonstration im bevölkerungsreichsten Bundesland fand in Dortmund statt und fast ein Viertel in Duisburg.

Bundesland
Teilnehmer
1
Thüringen
51662
2
Sachsen
43545
3
Nordrhein-Westfalen
24256
4
Mecklenburg-Vorpommern
20253
5
Sachsen-Anhalt
19091
6
Bayern
15755
7
Berlin
14902
8
Brandenburg
13057
9
Niedersachsen
3711
10
Rheinland-Pfalz
2930
11
Baden-Württemberg
2438
12
Hessen
818
13
Saarland
760
14
Schleswig-Holstein
470
15
Hamburg
90
16
Bremen
0
Lesen Sie weiter
Es war nicht immer der Osten – Wo Deutschland Rechts wählt
Die Karte zeigt, in welchen der rund 11.000 Gemeinden seit der Wiedervereinigung rechts gewählt wurde.